Lebensmittel abends vor dem Wegwurf retten – wir sind täglich aktiv

Seit einigen Tagen holt unsere Lebensmittelrettegruppe nun abends Sachen kurz vor Ladenschluss ab, ohne sie bezahlen zu müssen. Sachen, die sonst vom Kühlregal gleich non-stop im Müll landen würden (und bis vor ein paar Tagen eben dort auch gelandet sind). Jetzt wandern sie non-stop in unsere mitgebrachten Dosen und Beutel. D.h. wir sammeln sie nicht illegal aus Mülltonnen, sondern sind alle ganz legal, sogar willkommen. Und die Waren sind hygienisch einwandfrei.

Alles ganz legal und willkommen

Keinem von unserer Gruppe droht eine Bestrafung, weil wir einfach eine Absprache mit der Ladeneignerin haben. Die fand das Wegwerfen bisher auch mehr als schade und ist jetzt glücklich, eine Alternative zu haben. Sie hat mit unserer Gruppe ein gutes Gefühl und spart obendrein Abfallgebühren. Die Angestellten, üblicherweise auch keine Millionäre, bekommen von uns ab und zu Dankeschöns, denn sie legen das Zeugs abends für uns zurecht, haben durch uns also etwas Mehrarbeit. Und von uns muss niemand eine Lebensmittelvergiftung fürchten, weil die Sachen ja definitiv noch nicht schlecht geworden sind. Alles also Gewinner!

[Die angestrebte Zusammenarbeit mit der bundesweiten Initiative „foodsharing„, einer rein auf „Lebensmittelrettung“ spezialisierten Initiative, wird vom Dresdner Zweig bisher leider abgelehnt. Schade, wir würden gern die gemeinsamen Werte in Kooperation leben. Auch zukünftig. Vielleicht ändert es sich ja noch.]

Wir sind der Gnadenhof

Umso mehr freut es mich, dass wir auch ohne „foodsharing“ zum Ziel kommen und jetzt über Lebensmittel, die zur Vernichtung vorgesehen waren, schützend die Hand halten können. Von den Angestellten des Ladens werden wir deshalb schon „der Gnadenhof“ genannt. Nicht zuletzt ist die Aktion natürlich auch für die Nutzer der Lebensmittel gut. Nicht jede/r kann sich so häufig belegte Baguettes oder Schokoladencroissants etc. leisten, wie wir sie jetzt bekommen.

Wer sind diese Nutzer? Abholer behalten sich einen Teil, das Übrige erhalten „Nachnutzer“. Es kommt vor, dass am Abend alles leer verkauft ist, so dass wir nichts zu holen haben. Gut für den Laden und – je nach Wetter – auch für uns (größtenteils RadlerInnen) gut. Einmal waren aber auch schon fünf volle 25 Liter Tüten zu holen. So viel kann man alleine (ohne Auto) gar nicht wegschaffen, geschweige denn aufessen. Dann läuft schnell eine Telefonkette, es fahren oder gehen zwei Leute raus und auch Nachnutzer werden mobilisiert. Wenn möglich sollten sie in der Nähe wohnen, um den Abholern nicht noch mehr Arbeit an dem Abend zu machen. Schließlich findet alles nach Ladenschluss statt. Die Lebensmittel kosten uns also keine Euro, aber Mühe. Man sollte in dem, was man gern isst, nicht sehr wählerisch sein, Wind und Wetter mögen, und auch mit Unsicherheit gut umgehen können. Warum Unsicherheit?

Jeden Abend ist Weihnachten

Weil die Essenz ist: Wir wissen selbst nicht, was uns am Abend erwartet: ob viel oder wenig oder nichts; ob etwas, was Du selbst essen magst oder etwas, wo Du erst mühsam sehen musst, dass Du jemanden findest, der es mag. Denn wegschmeißen wollen wir ja gerade nicht! „Jeden Abend ist Weihnachten“ , hat eine Mitstreiterin die Tage, an denen sie sich einträgt, genannt: Überraschung!!! Jokertüte!

Das Organisieren ganz ohne eine ausgefeilte Buchungsplattform, wie „foodsharing“ sie hat, ist mühsam und hat viele Tücken. Durch diese kämpfen wir uns gerade mit viel Humor…. Vielleicht wird das, was wir vor der Tonne bewahren, auf diese Weise nie so viel, dass wir für Menschen außerhalb des Projektes da sein können. Das kann schon sein. Vielleicht ist es aber auch ein Anreiz für Menschen unserer Stadtteile, denen solche Lebensmittelrette-Aktionen gefallen, bei uns mitzumachen, egal ob als AbholerIn oder NachnutzerIn.

Schreib uns gern oder trage Dich in die Mailingliste ein. Uns ist z.B. klar, dass nicht jede/r den Weg bewältigen kann, nicht jede/r abends weg kann und nicht jede/r körperlich so fit ist, dass er oder sie schwere Tüten schleppen kann. Auch Online-Nachhilfe haben wir für diese Aktion schon gegeben.

Denn jedem, der mag, soll Mitmachen beim Lebensmittelretten ermöglicht werden. Jede(r) einzelne mit diesen nicht mit Geld bezahlten Lebensmitteln Unterstützte zählt und jedes einzelne gerettete Lebensmittel. Ein Lebensmittel, das Natur und Bauern auf diese Weise nicht vergeblich produziert, um das sich auch der Großhandel und die EinzelhändlerInnen nicht vergeblich bemüht hatten*.

DANKE!


* Falls Dich das Thema Lebensmittelverschwendung interessiert: Hier findest Du ein paar Zahlen für Deutschland, die zeigen welch große Mengen es betrifft: https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittelverschwendung/studie-lebensmittelabfaelle-deutschland.html